Die Sprache der Ökonomie dominiert unseren Alltag. Wenn uns gesagt wird, dass sich etwas »nicht lohnt« oder »kein Geld da ist«, akzeptieren wir das oft als objektive Wahrheit. Aber könnte es sein, dass genau dieses ökonomische Denken schuld ist an manchen Schieflagen in Politik und Gesellschaft – insbesondere, wenn es ums Thema individueller und sozialer Fürsorge geht? Und lässt sich der Wert von Care-Arbeit ökonomisch eigentlich messen?
Diese Fragen stellt die dänische Autorin und Aktivistin Emma Holten in ihrem Buch »Unter Wert« (dänisch: »Underskud«). In ihrer Heimat wurde das Werk in kurzer Zeit zum Bestseller – denn es legt den Finger in die Wunde einer Gesellschaft, die sich eigentlich für ziemlich gleichberechtigt hält. Es in vielerlei Hinsicht aber noch gar nicht ist.
Nun erscheint das aufsehenerregende Debattenbuch auf Deutsch. Zur Buchpremiere in Berlin diskutiert Emma Holten ihre Thesen mit der Berliner Schriftstellerin und Journalistin Mirna Funk, die in ihrem Buch »Who Cares! Von der Freiheit, Frau zu sein« (2022) eine radikale Kritik an den aktuellen Feminismus richtet.
Das Buch
Seit der Aufklärung streben wir nach einer Gesellschaft, die wie eine Fabrik betrieben werden kann. Das hat Menschen, Arbeitszeiten, Beziehungen und letztlich die gesamte Zukunft in Produkte verwandelt, die mit einem Preis versehen werden können. Und dieses Prinzip, dieses Denken liegt fast jeder wichtigen politischen Entscheidung zugrunde, die unser Leben bestimmt. Emma Holten beschreibt jene Mechanismen, die dafür gesorgt haben, dass meist von Frauen geleistete Care-Arbeit politisch und wirtschaftlich niemals von Bedeutung war. Schon die frühen Wirtschaftswissenschaften verkannten den Wert von Pflegetätigkeiten. Und sie tun es bis heute. Dieses Buch führt vor, was wir verlieren werden, wenn wir daran nichts ändern.
Die Autorinnen
Emma Holten, geboren 1991, ist Mitglied des Sachverständigenforums des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen und des Beratungsausschusses für Frauenrechte von Human Rights Watch. Sie beschäftigt sich in diesen Funktionen vor allem mit Fragen der feministischen Ökonomie. Seit 2023 berät sie die dänische Regierung im Untersuchungsausschuss zu Machtverhältnissen in Dänemark. Sie trat außerdem als Rednerin bei der UNO auf. Emma Holten lebt in Kopenhagen.
Mirna Funk, geboren 1981 in Ostberlin, studierte Philosophie und arbeitet heute als Autorin sowie freie Journalistin u. a. für die FAZ, SZ und Die Zeit. Seit 2021 erscheint ihre monatliche Sex-Kolumne in der Cosmopolitan und von 2018 bis 2020 schrieb sie über jüdisches Leben bei Vogue online. Ihr Debütroman »Winternähe« wurde mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet, das Sachbuch »Who Cares!«, in dem sie sich kritisch mit den aktuellen Debatten um Geschlechterungleichheit, Care-Arbeit und Vereinbarkeit auseinandersetzt, wurde ein sofortiger Bestseller.
Veranstaltet von der Kgl. Dänischen Botschaft in Berlin in Kooperation mit dem dtv Verlag. Mit freundlicher Unterstützung der Danish Arts Foundation.